Mit der Ice Breaker-Strategie zu mehr Innovation und Erfolg

20151022 Meeting 2. Tag (6)-1

Mit der Ice Breaker-Strategie zu mehr Innovation und Erfolg

Wie Employer Branding in den Partnerländern funktioniert. Nachlese zum SWOPS-Beraterworkshop in Schweden

 

Vom 21. bis 23. Oktober 2015 trafen sich die Projektpartner des von der EU-Kommission geförderten Employer-Branding-Projekts SWOPS im schwedischen Motala. Dabei wurden die im Projektverlauf in den Unternehmen (KMU) der einzelnen Länder gewonnenen Erfahrungen ausgetauscht und Strategien diskutiert. Zudem wurde gemeinsam erarbeitet, wie das offene Beratermodell ausgestaltet sein muss, um in europäischen Unternehmen gezielt Change-Prozesse in Gang zu setzen und diese erfolgreich zu implementieren.

 

Insgesamt zehn Teammitglieder des SWOPS-Projekts fanden ins Hotel Nostalgi am Rande eines großen Sees im Gebäude eines Automobilmuseums. Für den BPW Club Berlin als Projektkoordinator waren Cornelia F. Krämer (SWOPS-Projektleiterin und 1. Vorsitzende BPW Club Berlin) und Vorstandsmitglied Clarissa-Diana Wilke, im SWOPS-Projekt verantwortlich für Kommunikationsmanagement und Public Affairs angereist.

 

Von der Berliner RKW GmbH, die die inhaltliche Steuerung des Projekts managt, war Geschäftsführer Dr. Thomas Rau in Begleitung von Christiane Petzold dabei, die für SWOPS als Beraterin tätig ist. Ebenfalls mit zugegen: France Joubert, 1. Vorsitzende des europäischen Arbeitgeberzusammenschlusses Centre Européen de Ressources des Groupements des Employeurs (CERGE), Poitiers, sowie Sigrid Wölfing, Geschäftsführerin des CERGE. Die Beraterin Cyrielle Berger war für das Centre de Ressources des Groupements d’Employeurs (CRGE) mit Sitz im französischen Poitou-Charentes gekommen. Caroline Mair, Mitarbeiterin der Public Affairs Agentur Concilius GmbH, war in ihrer Funktion als Schnittstellenkommunikatorin zwischen Frankreich und Brüssel vor Ort.

 

Erstmalig mit an Bord war Regina Senarclens de Grancy, die als Beraterin den neu gewonnenen österreichischen Partner ARGE.at repräsentierte – ein 130 Unternehmen umfassendes Cluster für nachhaltige Abfallwirtschaft aus der Steiermark, ARGE.at. Gastgeberinnen waren Agneta Larsson, SWOPS-Projektleiterin auf schwedischer Seite und zudem in leitender Funktion bei dem schwedischen Standortförderer Tillväxt Motala tätig sowie ihre Kollegin Kicki Stridh, Beraterin für SWOPS.

 

Tag des Erfahrungsaustauschs und der transnationalen Vernetzung – der erste Tag des Arbeitsaufenthalts in Schweden, zu dem auch die lokale Presse eingeladen war, stand ganz im Zeichen einer Präsentation der französischen Partner, die ihr Modell von Arbeitgeber­zusammenschlüssen einem ausgewählten Kreis interessierter Netzwerkpartner aus dem Unternehmenscluster Tillväxt Motala vorstellten. Mit dem in Frankreich praktizierten Modell sollen Fachkräfte in der Region gehalten werden. Dabei kooperieren mehrere Unternehmen, um einen Mitarbeiter voll beschäftigen zu können. Auch alle weiteren Partner hatten Gelegenheit, ihre Organisationen und Aktivitäten vorzustellen.

 

Der Folgetag markierte den eigentlichen Beginn des SWOPS-Beraterworkshops. Kicki Stridh, die den Workshop moderierte, und ihre Team-Kollegin Agneta Larsson begrüßten die Teilnehmenden mit einleitenden Worten zu Ablauf und Struktur der nächsten Tage sowie einer kurzen Präsentation der Region Motala, deren Vorzüge nicht nur Familien mit Kindern oder Menschen mit Faible für Ikea, Elche oder Pippi Langstrumpf anlocken dürften.

 

RKW Berlin Geschäftsführer Dr. Thomas Rau stellte die Länderanalysen mit Zwischenergebnissen aus den Ländern vor. Im Anschluss hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre Fragen zur finalen Ausgestaltung der Produkte zu diskutieren. In allen Ländern können strukturelle Defizite in Sachen Chancenfairness beobachtet werden. Einige der Berater/innen berichteten, dass in manchen Unternehmen eine klare Definition der vorhandenen Entscheidungsfunktionen gänzlich fehlt, ja in manchen Unternehmen nicht einmal ein Organigramm vorhanden sei. In einigen Unternehmen habe es HR-Verantwortliche gegeben, die jedoch nicht mit den für diese Funktion unabdingbaren Entscheidungsbefugnissen ausgestattet seien.

 

Insbesondere in den traditionell geführten Familienunternehmen, wo die Geschäftsführenden häufig nur ungern Verantwortungsbereiche abgeben, führe dieser Umstand immer wieder zu Schwierigkeiten. Oft hätten, so die einhellige Meinung, HR-Verantwortliche keine Macht im Unternehmen oder befänden sich in sogenannten „Sandwich-Positionen“. Abhilfe schaffe eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Management und Belegschaft, klare Regelungen und eine ausgewogene Verteilung der Verantwortlichkeiten und Rollen.

 

Mit den KMU-Beratungen ergab sich in Schweden die vorrangige Frage nach der Auflösung von Geschlechterstereotypen, denn auch wenn Schweden in puncto Chancenfairness im europäischen Vergleich die Nase vorn hat, besteht auch hier nach wie vor Handlungsbedarf insbesondere wenn es darum geht, Frauen für MINT-Berufe zu begeistern. Die schwedischen Kolleginnen und Kollegen beschäftigen sich mit der Frage, inwiefern sichergestellt werden kann, dass Veränderung gelebte Unternehmenspraxis wird.

 

Die Schweden verfolgen hier den Ansatz einer Bottom-up Strategie, um bei den Unternehmen nicht den Eindruck zu erwecken, ihnen würden Maßnahmen „übergestülpt“, was Reaktanzen und damit den gegenteiligen Effekt zur Folge hätte. Kicki Stridh schilderte, wie man beispielsweise einen Mathematiklehrer als Botschafter für Mädchen in MINT-Berufen in die Unternehmen geschickt habe, der dann vermittelte, wie Mädchen für Technikberufe zu gewinnen sind.

 

Regina Senarclens de Grancy berichtete von ihren Erfahrungen bei der Beratung eines Unternehmens aus der Steiermark mit rund 130 Mitarbeitenden, einem Serviceanbieter, der Geschirrspülmaschinen für Großveranstaltungen bereitstellt. Dieser Arbeitgeber habe in Sachen Employer Branding alles richtig gemacht: Geboten werden flexible Arbeitszeiten, Familienzeit sowie die Möglichkeit, neben der Arbeit auch Pflegezeiten älterer Angehöriger flexibel einzuplanen. Traumhafte Arbeitsbedingungen, die den Arbeitgeber vor Herausforderungen stellen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben dem Unternehmen trotz niedriger Gehälter treu – die Implementierung von Innovationen sei nicht eben einfach.

 

Pfiffig auch die Akquise-Strategie der österreichischen Partner: Unternehmen habe man gewinnen können, indem sie als Expertinnen respektive Experten angesprochen und eingeladen worden seien.

 

Bei der Eingrenzung und Definition der Handlungsfelder für das offene Beratungsmodell machte Cornelia F. Krämer deutlich, dass neben der Corporate Culture auch die Country Culture entsprechend Berücksichtigung finden müsse. Der Rolle der beratenden Person komme dabei eine besondere Bedeutung zu. Diese habe zugleich die Rolle des „Ice Breaker“, eine eigene Strategie für die erfolgreiche Implementierung von Veränderungen gelte es sorgfältig vorzubereiten und im Vorfeld des Beratungsvorgangs die Zustimmung für das Procedere von Unternehmensseite sicherzustellen.

 

In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass die prozesshafte Beratung neu an verschiedene Managementpositionen angepasst werden müsse. Herr Dr. Rau verwies dabei auf die Wichtigkeit der Überprüfung, ob und inwiefern Leadership Commitment überhaupt bereits in der Unternehmenskultur angelegt sei. Dies ließe sich oft schon mit einem Blick auf die Unternehmens-Website erkennen.

 

Auf dem Rückflug hatten alle Projektteams inklusive der schwedischen Gastgeberinnen nicht nur eine Menge ToDos im Gepäck, sondern auch den beflügelnden Optimismus, dass wir mit SWOPS ein wirksames Employer-Branding-Tool auf den Weg bringen, mit dem wir den Strukturwandel und – im Sinne der Nachhaltigkeit – den Kulturwandel in Unternehmen maßgeblich voranbringen werden.

 

Das von BPW Club Berlin e.V. initiierte Kulturwandel-Projekt wird von der EU-Kommission in Brüssel, dem Berliner Senat für Arbeit, Integration und Frauen (SenAIF) sowie der Senatsverwaltung Östergotland (Schweden) mit rund einer halben Million Euro gefördert.

 

Wir freuen uns darüber hinaus, dass sich Senatorin Dilek Kolat des Berliner Senats für Arbeit, Integration und Frauen (SenAIF) dankenswerterweise bereiterklärt hat, die Schirmherrschaft für SWOPS zu übernehmen.

Tags: