Das Motala-Modell. Wie die Schweden mit Graswurzel-Strategie und Bottom up-Prinzip Veränderungsprozesse in Gang bringen.

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Das Motala-Modell. Wie die Schweden mit Graswurzel-Strategie und Bottom up-Prinzip Veränderungsprozesse in Gang bringen.

In diesem Monat werfen wir einen Blick nach Schweden: Uns interessiert, wie unsere schwedischen SWOPS-Praxispartner, die teilnehmenden Unternehmen und die Beratungsteams konkret zusammenarbeiten, wenn es darum geht, das zentrale Ziel von SWOPS, die Entwicklung einer StrukturWandelOrientierten PersonalStrategie, erfolgreich zu erreichen.

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Gute Erfahrungen haben die schwedischen Kolleginnen und Kollegen mit einem Ansatz aus der Aktionsforschung gemacht: Führungskräfte der teilnehmenden Unternehmen setzen sich mit dem SWOPS-Beratungsteam zusammen. Gemeinsam erstellen sie einen Fragenpool, in den am Ende die Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag beider Seiten eingeflossen sind – aus der Theorie und aus der Praxis.

 

Fragen des Managements an die Beratungsteams beziehen sich etwa auf neue Change-Modelle und -konzepte: Welche davon kommen bereits in anderen Unternehmen erfolgreich zum Einsatz? Welche Methoden und Modelle haben sich in anderen Unternehmen bewährt? Wie kann die Verteilung von Arbeitszeit und den zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal organisiert werden? Umgekehrt wenden sich die Beratungsteams mit operativen Fragestellungen an die Führungskräfte: Wie werden Recruiting-Prozesse im Unternehmen organisiert, und was wird seitens des Managements unternommen, um eine Kultur gegenseitigen Vertrauens über alle Hierarchie-Ebenen hinweg zu schaffen?

 

Für das Beratungsteam ist dabei vor allem interessant, inwiefern sich das Modell so entwickeln lässt, dass es einerseits die Bedürfnisse von Unternehmensseite berücksichtigt und es auf der anderen Seite ermöglicht, das Erfahrungswissen der Beraterinnen und Berater erfolgreich zu nutzen. Der Fragenpool bildet die Arbeitsgrundlage, um auszuloten, welche Veränderungen für eine zeitgemäße Positionierung des Unternehmens sinnvoll und wünschenswert sein können. Aus dem gemeinsamen Diskurs entsteht ein Fragenkreislauf, aus dem sich wiederum neue Fragen ergeben – Impulsgeber für neue innovative Ideen und Change-Prozesse.

 

Aus dem gegenseitigen Austausch im Unternehmensnetzwerk der schwedischen Gemeinde Motala hat sich eine Plattform entwickelt, die zu einem möglichst frühen Zeitpunkt Weichen stellt, um Veränderungsprozesse zu stimulieren – etwa an der Schwelle von der Schule zum Beruf. Das Tillväxt Motala-Netzwerk für Karriereentwicklung ist eine Kooperation zwischen der städtischen Verwaltung und den ortsansässigen Unternehmen: Bis es dazu kam, waren im Netzwerk regelmäßig verschiedene Workshops zum Thema angeboten worden. Ausführlich diskutierte man die Frage, wie ein kreativer Austausch in Motala zwischen Schulen und Unternehmen zu schaffen sei.
Wichtig ist den vier am SWOPS-Projekt beteiligten Unternehmen, jungen Menschen den Zugang zu Unternehmen vor Ort zugänglicher machen, um dank des anschließenden Feedbacks besser einschätzen zu können, welche Unternehmen tatsächlich innovative Arbeitsbedingungen bieten. Ziel ist es, die Einstellungsmöglichkeiten insbesondere von Berufseinsteigerinnen durch die Einführung von genderneutralen Recruitingprozessen zu verbessern und auf diese Weise ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis am Arbeitsplatz zu erreichen.

 

Im Vorfeld der Netzwerktreffen wurde in einstündigen One-to-One-Gesprächen mit den Führungskräften gemeinsam eruiert, wo der Schuh drückt: “Wir haben Schwierigkeiten, Frauen zu rekrutieren”, hörten unsere schwedischen Partner aus dem Personalmanagement des Schneeräumgeräteherstellers Holms. „Wir haben es nicht leicht, Männer für eine Mitarbeit zu gewinnen“, klagen wiederum die HR-Verantwortlichen des Pflegedienstleistungs­unternehmens Aleris. „Wir möchten den Diversity-Ansatz verstärkt nutzen, um die Vielfalt unserer Kunden auch im Unternehmen abzubilden“, betonen die Geschäftsführenden der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Platen, während es den Geschäftsleitenden von Industriekompetens insbesondere darum geht, mehr Maßnahmen für weibliche Führungskräfte in der Industrie zu entwickeln.

 

Zur Implementierung der Ideen aus den Netzwerktreffen wurden die Diskussionsbeiträge dokumentiert und nach und nach umgesetzt. Die konkrete Realisierung des Modells vollzieht sich dabei in verschiedenen Projekten rund um die Förderung der beruflichen Chancen von Frauen und Männern.

 

Die Stadt Motala ist groß genug, um eine breite Vielfalt an Arbeitsplätzen zu schaffen, jedoch gerade noch überschaubar genug, um enge und verbindliche Kontakte zwischen den Menschen, den Unternehmen und dem öffentlichen Sektor zu ermöglichen. Das Tillväxt Motala-Netzwerk für Karriere-Entwicklung hat sich nun den kreativen Austausch zwischen Schulen und Unternehmen auf die Fahnen geschrieben, bringt Schulabgänger in Beschäftigung und erweist sich überhaupt als eine hilfreiche Kooperationsgruppe für den Standort und dessen Unternehmen. Hiervon profitiert das Modell, das im Rahmen des SWOPS-Projekts zur Verbesserung des Austauschs zwischen den Menschen und öffentlichen Einrichtungen geschaffen wurde: Das Motala-Modell.

 

Das Modell räumt mit Klischees auf, wonach Arbeitsplätze in der Industrie schmutzig und laut seien, oder dass technisch orientierte Arbeitsplätze im Pflegebereich keinerlei spezielle Kenntnisse in der Pflege erforderten. Das Konzept wurde zum Jahreswechsel im Zuge der Kooperationsgruppe vorgestellt und diskutiert. Die regelmäßigen Treffen werden von Personalmanager*innen aus dem privaten und öffentlichen Sektor organisiert. An den Sitzungen nehmen jedes Mal zwischen 15 und 20 Personen teil.

 

Jenseits der Klischees, die sich um die jeweilige Branche ranken, ist das Motala-Modell auf Interaktion auf der Grass-Root-Ebene angelegt und bietet Lehrerinnen und Lehrern direkten Zugang zu den ortsansässigen Unternehmen, um ihre Schülerinnen und Schüler besser auf die berufspraktischen Anforderungen der Arbeitswirklichkeit vorbereiten zu können.

 

In der Praxis funktioniert dies wie folgt: Du interessierst Dich für Geographie? – So komm doch zu einem der ortsansässigen Exportunternehmen, um mehr zu erfahren über den Kontakt zu unseren Kunden in aller Welt. Du studierst Mathematik und möchtest Dich informieren, in welchen Berufszweigen Du Dein Wissen gewinnbringend anwenden kannst? – Dann geh‘ bei einem der produzierenden Unternehmen aus dem Motala-Netzwerk vorbei. Soll’s ein Wirtschaftsstudium sein? – Komm bei uns vorbei und erfahre im Gespräch mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was auf Dich später im Job zukommt.

 

Neben den Unternehmensbesuchen und der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Schulen und Ausbildungszentren, ist eines der maßgeblichen Ziele des Motala-Modells, dessen Bekanntheitsgrad und die Idee als solche innerhalb der entstehenden Unternehmenspartnerschaften weiter zu steigern, bzw. zu verbreiten. Zu diesem Zweck wurde eigens ein Beirat gebildet, in dem sowohl Repräsentierende der Arbeitgeberseite (Unternehmen) als auch der Schulen (städtische Verwaltung) aktiv sind, um das Modell weiterzuentwickeln und bekannt zu machen.