Chancengleichheit in der Personalentwicklung – aber wie?

Chancengleichheit in der Personalentwicklung – aber wie?

Am 18. Mai konnten wir mit dem SWOPS-Abschluss-Event einen großen Meilenstein setzen. Sämtliche Projektpartner und Gäste aus Schweden, Österreich, Frankreich und Deutschland fanden sich in der SRH-Hochschule Berlin zusammen, präsentierten Ergebnisse und diskutierten leidenschaftlich über den europaweiten Status Quo und die Zukunft von Chancengerechtigkeit in Unternehmen.

Um die Diskussion weiterzuführen erläutert Dr. Thomas Rau, Geschäftsführer des RKW Berlin Brandenburg, im folgenden Text, wie nach seiner Kenntnis und Erfahrung aus dem Projekt SWOPS als Koordinator der Beratungen in Deutschland folgerichtig Chancengleichheit über die Personalentwicklung generiert werden kann.

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Moderne, wettbewerbsfähige Unternehmen brauchen gut ausgebildete Fachkräfte. Attraktiv sind Arbeitgeber für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie gleiche Karrierechancen und gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben bieten sowie Diversity-Strategien in ihrem Unternehmen implementieren. Mit Blick auf den zunehmenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften ermöglicht eine langfristige an den Interessen des Personals orientierte Strategie, die Herausforderungen des demografischen Wandels erfolgreich zu meistern.

 

Deshalb ist das zentrales Anliegen des SWOPS-Projekts Hilfestellungen für eine an den Erfordernissen des Strukturwandels ausgerichtete Personalstrategie zu geben, die eine höhere Chancengleichheit bei der Besetzung von Entscheidungspositionen beinhaltet.

 

Das Projekt setzt gezielt auf der Ebene der Geschäftsführer(innen) und anderer Führungskräfte in KMU an. Diese sollen durch Beratung und Handreichungen unterstützt werden, ihre Unternehmensstruktur auf den Prüfstand zu stellen und strukturelle Anpassungen einzuleiten. Die Sensibilisierung für Rollenbilder, die den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt Rechnung tragen, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Mentalitätswandel in den Führungsetagen der KMU.

 

Die RKW Berlin GmbH ist im Projekt für die Organisation und Durchführung der Beratungen in den teilnehmenden deutschen KMU, für das Erstellen der zentralen Ausarbeitungen im Projekt und die inhaltliche Koordinierung der Arbeiten verantwortlich. Dazu gehören insbesondere:

 

  • Ein Leitfaden für die Analyse gleichstellungsrelevanter Rahmenbedingungen in kleinen und mittleren Unternehmen in den beteiligten Ländern, um eine Vergleichbarkeit zwischen den teilnehmenden Projektländern herzustellen.

 

  • Ein Leitfaden für die Durchführung von Interviews zu den gleichen Themen in den am Projekt teilnehmenden Unternehmen, um beispielhaft die Auswirkungen der vorher identifizierten Rahmenbedingungen herauszufinden, aber auch um eine Bestandsaufnahme für die Beratung der KMU durchzuführen.

 

  • Das Erstellen der Länderanalysen und die Durchführung der Interviews erfolgte jeweils in Verantwortung der Projektpartner in den Ländern und in Deutschland durch das RKW. Die Länderanalysen und Interviews wurden durch das RKW in einer Analyse zusammengefasst.

 

  • Die Vorlage eines Konzeptes für eine Good-Practice-Studie auf der Grundlage der erzielten Ergebnisse in den teilnehmenden Ländern und Bearbeitung von Good-Practice-Beispielen aus den Beratungen im Rahmen des SWOPS-Projektes in Deutschland und Erarbeitung von Beispielen aus der Beratungspraxis des RKW.

 

  • Die Erarbeitung von Handlungsfeldern und Umsetzungsempfehlungen zur Einführung einer am Strukturwandel orientierten Personalstrategie.

 

Alle bisher im Rahmen des Projektes vom RKW erstellten Ausarbeitungen werden in ein Beratungsmodell münden, das Orientierungen für die strategische Personalentwicklung, den dafür erforderlichen Change-Management-Prozess und den Einsatz externer Berater(innen) geben soll. Das Modell hat folgende Bestandteile:

 

  1. EU Gesetzgebung und Aktivitäten
  2. Handlungsfelder
  3. Prozessberatung
  4. Anforderungen an die Auswahl von Personalberater(inne)n

 

Die Handlungsfelder leiten sich aus den Vorgaben der EU und den Ergebnissen der Länderanalysen ab. Für diese Schwerpunkte gibt es inhaltlich eine weitgehende Synchronität unter den teilnehmenden Ländern.

 

Handlungsfelder einer strukturwandel-orientierten Personalstrategie

Handlungsfelder Personalstrategie_ThRau 

 

Die dargestellten neun Handlungsfelder richten sich auf ein Personalmanagement, das sich neben den unmittelbar wirtschaftlichen Interessen, wie Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Gewinn, an den unterschiedlichen Lebensumständen der Beschäftigten orientiert. Für jedes Handlungsfeld werden den Unternehmen und Berater(inne)n Kriterien, Maßnahmen, Methoden, Indikatoren und Tools an die Hand gegeben.

 

Angesichts der jeweils spezifischen betrieblichen Handlungsbedarfe und der Komplexität der damit verbundenen konkreten Wirkungszusammenhänge ist immer ein gezielter Change-Prozess mit angemessenen und sorgfältig geplanten Schritten, sowie einer meist längerfristigen Ausrichtung notwendig. Als Erfolgsfaktoren lassen sich allgemeine Planungs- und Umsetzungsprinzipien festmachen.

 

Dazu gehören:

  • sichtbares und verbindliches Engagement der Führung
  • gestufte Einbindung von Beteiligten und Betroffenen
  • konsequente Prozessorientierung
  • ganzheitliches Herangehen
  • zielorientierte Analyse
  • realistische Ressourcenplanung
  • differenzierte, den Bedürfnissen des Unternehmens und der Beschäftigten entsprechende Maßnahmen
  • transparente Prozesse und intensive Kommunikation
  • fortlaufende Evaluation

 

Neben der klaren Positionierung der Geschäftsführung ist es entscheidend, bereits frühzeitig eine partizipative Einbeziehung der Beteiligten zu initiieren. Nur so wird der Veränderungsprozess auf breiter Grundlage mitgetragen und gleichzeitig ein kollektiver Lernprozess angestoßen und befördert. Die Umsetzung und Verankerung von Chancengleichheit im Unternehmen erfordert eine nachhaltige Prozessgestaltung, die sich am besten im Rahmen eines etablierten Managementsystems verstetigen und kontinuierlich verbessern lässt.

 

Zur Unterstützung des Change-Prozesses im Unternehmen kann es hilfreich sein, eine(n) versierte(n) Prozessberater(in) einzubeziehen. Doch wie erkenne ich, welche(r) Berater(in) versiert ist? Das Beratungsmodell gibt darauf eine Antwort, indem es auf der Grundlage bestehender ISO, CEN und DIN-Standards Empfehlungen für die Auswahl von Personalentwicklungsberater(innen) definiert.

Dabei werden folgende Kompetenzbereiche berücksichtigt:

 

  • Persönliche Fähigkeiten

 

  • Allgemeines Wissen und Fertigkeiten

 

  • Fachwissen und Fertigkeiten für die Personalentwicklung
    • Allgemeine Prinzipien, Methoden und Techniken für die Personalentwicklung
    • Fachwissen für die Personalentwicklung

 

  • Fachwissen und Fertigkeiten für die Organisationsentwicklung
    • Gesetzliche und regulierende Anforderungen
    • Produkt, Prozess und organisatorische Anforderungen
    • Managementpraxis

 

  • Berufserfahrung

 

  • Erhalten und Erweitern von Kompetenzen

 

Für das Bildungsniveau werden Empfehlungen gegeben gemäß Europäischem Qualifikationsrahmen und Internationaler Standard Klassifikation für Bildung der UNESCO (ISCED; 2011). Abhängig von den Niveaustufen in diesen Klassifikationen sollte eine ausreichende Berufspraxis vorgewiesen werden können.

 

Ein(e) Berater(in) ist hilfreich, Chancengleichheit im Unternehmen kann jedoch nicht von außen verordnet werden. In erster Linie ist ein kultureller Wandel im Unternehmen, bei der Führung und bei den Mitarbeiter(inne)n erforderlich.

 

Text: Dr. Thomas Rau, Geschäftsführer des RKW Berlin Brandenburg e.V.